Als der US-Konzerns PepsiCo Inc. in Wien 1985, vor 40 Jahren, eine russisch-amerikanische Zeitschrift gründete, war ich dabei. In einer Schublade meines alten Schreibtischs im Waldviertel entdeckte ich vorige Woche eine Ausgabe des „PepsiCo Journal for Softdrink Consumption“. Das Cover der abgebildeten Ausgabe stammt aus dem Jahr 1986, es ist etwa 40 Jahre alt. Es war die letzte von 5 Ausgaben, für die ich als Marketing Manager von Pepsi-Cola von 1982 bis 1987 in der Funktion eines Chefredakteurs verantwortlich zeichnete.
Warum ist diese Zeitschrift aus der heutigen Perspektive der aktuellen geo-politischen Situation und der wachsenden Kriegsgefahr interessant? Die Achtziger war die Zeit, als die Phase des kalten Krieges allmählich in die „Perestroika“ wechselte. Eine spannende Zeit. Der Zweck der Zeitschrift war der kulturelle Austausch von Informationen zwischen den Beschäftigten in den russischen Pepsi-Cola-Abfüllbetrieben und den Pepsi-Cola-Angestellten in den USA und in Osteuropa.
Der Austausch von kulturellen Informationen erfolgte in beide Richtungen. Die Russen schickten ihre Beiträge über die Botschaft der UdSSR nach Wien, in welchem sie den Amerikanern ihre Lebensweise, insbesondere das russische Weihnachtsfest und das Kvas-Getränk beschrieben. Alle Beiträge mussten in der CEE-Zentrale in Wien doppelt abgestimmt werden. Mit den Russen und mit den Amerikanern. Mit meinen Chefs in der Osteuropa-Zentrale der PepsiCo in Wien und mit der amerikanischen PepsiCo-Zentrale in Purchase, New York. Es war eine einzigartige, faszinierende Herausforderung und große Verantwortung für mich und mein Team. Wir waren stolz darauf, als “ The Neutral Austrians“ dieses kooperative und wichtige Projekt leiten zu dürfen. Diplomatie und kultureller Austausch statt Krieg war das Motto dieser Zeit. Heute, 40 Jahre danach , befindet sich das PepsiCo Büro für Zentral- und Osteuropa schon lange nicht mehr in Österreich. Aber das Geschäft zwischen Amerikanern und Russen entwickelte sich ausgezeichnet, selbst als der Konkurrent Coca-Cola ebenfalls auf den russischen Markt kam. Egal ob im kalten oder im heißen Krieg. Die Konzerne machen zwischen den Machtblöcken immer gute Geschäfte.
Daran hat sich auch heute, in einer Zeit wachsender Kriegsgefahr, nichts geändert. Business hat immer Vorrang. Denn auch der Krieg ist ein Business Model. Man verdient an den wachsenden Aktienkursen der Rüstungskonzerne und später auch an der Verteilung der Rohstoffreserven, an den gut verzinsten und besicherten Staatsanleihen und dem Wiederaufbau. Big Business und Kapitalsammelbecken machen nicht nur Gewinne, sie regieren zunehmend auch in der Politik mit. Das World Economic Forum bezeichnet die Strategie der Public Private Cooperations sogar ausdrücklich als seine Mission, den Zweck der Organisation. „Public-Private Partnership (PPP)“, also öffentlich-private Zusammenarbeit ist die Kooperation von privaten Konzernen, NGOs und supranationalen Regierungen wie der Europäischen Union und der UNO. und den angeschlossenen nationalen Regierungen der EU. Die Folge ist eine zunehmende Verschmelzung von Konzernen und Regierungen, genannt Korporatismus.
Im Zuge der Corona-Krise haben westliche Regierungen, Nichtregierungsorganisationen, transnationale Organisationen, Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, Medien und Finanzkonzerne über öffentlich-private Partnerschaften – was meiner Meinung nach ein Euphemismus für Korporatismus ist – zusammengearbeitet, um die massivste, global abgestimmte psychologische und propagandistische Operation in der Geschichte der Welt durchzuführen.
Mit dieser Kampagne haben die Regierungen vieler westlicher Nationalstaaten Strategien, Taktiken, Technologien und Fähigkeiten psychologischer Operationen auf militärischem Niveau – die für den modernen militärischen Kampf entwickelt wurden – gegen ihre eigenen Bürger eingesetzt.
Dies sind unbequeme Tatsachen. Die Welt der achtziger Jahre, von der viele von uns glaubten, dass sie existiert, existiert nicht mehr.
Und die österreichische Neutralität?
Die Neutralität Österreichs, die zu Zeiten des „Kalten Krieges“ unantastbar und identitätsstiftend eine Grundlage des Selbstverständnisses der Österreicher verbunden war, ist in jüngster Zeit unter massiven Druck geraten. Allerdings nicht durch die Mehrheit der Österreicher, die nach wie vor für die Beibehaltung der Neutralität eintreten. Sondern durch die Politiker, die als Repräsentanten des Österreichischen Volkes auftreten. Neutral wollte Österreich immerwährend sein. Und die Führung des Landes sollte radikal dem Wohl der Bürger verpflichtet sein. Davon ist heute, in den 20er-Jahren des 21. Jahrhunderts nicht mehr viel übrig. Österreich hat seine Souveränität längst europäischen Sachzwängen untergeordnet.